- April 2022/0 Kommentare/in Domainrecht, Internetrecht/von Peter Müller
Seit Jahren geistern zahlreiche Beiträge durch das Internet, in denen behauptet wir, dass dem Treuhänder einer Domain kein Zurückbehaltungsrecht gegenüber dem Treugeber zu stehen würde. Das LG Aachen hat nun Stellung bezogen und klargestellt, dass dem nicht so ist.
Im Internet finden sich zahlreiche Blogbeiträge von Rechtsanwaltskanzleien sowie von Media-Agenturen, in denen unzutreffend behauptet wird, dass dem Treuhänder eines Domainnamens (z.B. eine Medienagentur) gegenüber dem Treugeber (z.B. Unternehmen, das die Agentur beauftragt hat) kein Zurückbehaltungsrecht an der Domain zustehen würde. In sämtlichen Beiträgen wird auf das braunkohle-nein.de-Urteil des BGH vom 25.03.2010, Az.: I ZR 197/08 verwiesen.
Angebliche BGH Rechtsprechung
Bereits im Rahmen der Lektüre der BGH Rechtsprechung wird klar, dass oben dargestellte Behauptungen frei erfunden sind. Der BGH hat in der braunkohle-nein.de-Entscheidung schon gar nicht über die Frage entschieden, ob einem Treuhänder ein Zurückbehaltungsrecht an einer Domain zustehen kann oder nicht. In der Entscheidung ging es lediglich um die Frage, ob ein Treugeber vom Treuhänder die Übertragung bzw. Freigabe eines Domainnamens verlangen kann. Ein entsprechender Herausgabeanspruch nach § 667 BGB hat der BGH bejaht. Etwaige Gegenforderungen des Treuhänders gegen den Treugeber – beispielsweise Vergütungsforderungen aus einem Agenturvertrag – waren überhaupt nicht Gegenstand der Entscheidung.
Im Übrigen ist auch nicht ansatzweise erkennbar, weshalb einem treuhänderischen Domainverwalter kein Zurückbehaltungsrecht zustehen sollte, insbesondere in Konstellationen, in denen dem Treugeber Gegenansprüche aus der Auftragsausführung zustehen, wie beispielsweise Erstattungsansprüche für die von ihm bezahlte jährliche Aufrechterhaltungsgebühr der Domain. Bestünde kein Zurückbehaltungsrecht, wäre der Treuhänder nahezu vollständig schutzlos gestellt.
Entscheidung des LG Aachen
Das LG Aachen hatte kürzlich in einer vergleichbaren Konstellation zu entscheiden (Urteil vom 13.01.2022, Az. 12 O 305/21). Der Treugeber eines Domainnamens verlangte vom Treuhänder die Herausgabe des AUTH-Codes, um den Domainnamen umziehen zu können. Unter Verweis auf noch bestehende Vergütungsansprüche seinerseits verweigerte der Treuhänder die Herausgabe des AUTH-Codes. Dem Zurückbehaltungsrecht des Treuhänders hielt der Treugeber wiederum die vermeintliche Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 25.03.2010, Az.: I ZR 197/08 – braunkohle-nein.de) entgegen und behauptete, dass ein Zurückbehaltungsrecht in solchen Fällen nicht bestehen würde.
Letztlich folgte das LG Aachen der Auffassung des Treuhänders und stellte zunächst klar, dass sich aus der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 25.03.2010, Az.: I ZR 197/08 – braunkohle-nein.de) nicht ergibt, dass einem Treuhänder einer Domain kein Zurückbehaltungsrecht zustehen könnte bzw. dass die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts in solchen Fällen ausgeschlossen wäre. Darüber hinaus bejahte das Gericht das Bestehen eines Zurückbehaltungsrechts des Treuhänders aufgrund seines fälligen und durchsetzbaren Vergütungsanspruchs gegen den Treugeber.
Fazit
Das LG Aachen hat die Frage des Bestehens eines Zurückbehaltungsrechts bei Domainnamen gut begründet beantwortet. Es bleibt zu hoffen, dass diese Entscheidung dazu führt, dass im Internet kursierende Mär vom Nichtbestehen des Zurückbehaltungsrechts ein Ende hat.
Ein Beitrag meines Kollegen David Horvath.